Freitag Nachmittag geht es direkt von der Arbeit mit dem bereits gepackten Auto los. Mit Benny treffe ich mich in Fürstenried. Dann wird noch der Kuchen bei meinen Eltern geplündert.
Die Info, dass wir zwei Stücke da lassen kam leider etwas spät. Sorry dafür.
Kurz vor Sölden sehen wir die ersten verrückten Radfahrer. Vor dem Rennen nochmal zu fahren ist nicht verkehrt, nur regnet es leicht.
Um 7 Uhr kommen wir bei unserer Ferienwohnung an. Kurz Einchecken und gleich in die Stadt. Nach etwas umherirren finden wir die Freizeitarena wo sich das meiste Abspielt. Wenn wir schon mal da sind nehmen wir unsere Startpaket gleich entgegen.
Bei unserem Rundgang ist uns eine Pizzeria aufgefallen, welche wir im Anschluss besuchen um uns zu stärken. Im Anschluss geht es noch in eine Apres Ski Bar wo wir einige der Facebook Gruppe Rennradln München treffen. Gesprächsthemen sind das Wetter, die Renntaktik, das Wetter, welche Zeit man sich vorgenommen hat, das Wetter, ob man am Samstag nochmal fährt und das Wetter.
Das erste was ich Samstag morgen mache, das Wetter mit mehreren Apps checken. Für heute und für morgen entlang der Strecke. Heute könnte es ein Regenloch geben, wo man eventuell noch locker rollen kann. Für morgen schaut es gar nicht so schlecht aus.
Nachdem wir in einer Ferienwohnung sind, passt der Kuchen ganz gut als Frühstück.
Es regnet und die angebliche Wetterbesserung bleibt aus. Das Fahren streiche ich für mich. Gerne wäre ich die Ötztaler Gletscher Straße gefahren, dann könnte ich einen Haken an die höchste befahrbare Straße der Alpen machen. Auch was flacheres ist nicht drin.
Gegen Mittag machen wir uns auf um alle Sportläden und Fahrrad Stände abzuklappern. Schnell stellen wir fest, dass warme Sachen und Regengewand hoch im Kurs sind.
Beim Ötztaler Radmarathon gibt es nur ein Trikot für diejenigen, welche ins Ziel kommen. Dadurch bleiben jedes Jahr ein paar Trikots übrig. Sie werden zerschnitten und in Sölden aufgehängt. Oder wie hier ein neues großes Trikot erstellt.
Auch die Begleitautos stehen schon bereit:
Nachdem wir alles gesehen hatten, sind wir zurück in die Ferienwohnung um unsere Räder und Gewand für morgen her zu richten.
Abendessen holen wir uns bei der Pasta Party in der Freizeitarena. Direkt im Anschluss ist dort die Fahrerbesprechung mit allen notwendigen Informationen. Auch wurde eine Wetterfee organisiert um nochmal offiziell die Wettervorhersage kund zu tun. Es soll sicher keinen Schnee geben. Damit sollte sie recht behalten. Mit der Aussage, dass die Abfahrt vom Kühtai wahrscheinlich trocken ist, lag sie daneben. Haupttenor war, dass es regnen kann, aber nicht muss.
Sonntag früh um 5 Uhr klingelt der Wecker. Draußen ist es noch dunkel, aber zum Glück trocken. Nach dem Frühstück machen wir uns fertig und rollen in den Startblock.
6:45: ein Knall ertönt und die ersten starten auf die Strecke. Um uns herum geht das Einklicken los. Langsam setzen wir uns in Bewegung. Benny verliere ich recht schnell. Nicht so schlimm, da wir eh ausgemacht hatten, dass jeder für sich fährt.
Zügig bin ich mit über 47 km/h im Schnitt in Ötz wo der erste Anstieg los geht. Kurz die Regenjacke ausziehen und auf in den Anstieg.
Gleich nach dem Abzweig sitzt ein Ehepaar in Klappstühlen vor ihrem Haus um sich das Spektakel anzusehen. Einer der Radler greift kurz unter sein Trikot und zieht eine Zeitung heraus und gibt diese an den Zuschauer weiter, welcher die Zeitung aufschlägt und zu lesen beginnt. Zeitungszustellung mal anders.
Es geht relativ Steil los. Durch das Gedränge habe ich gar keine Möglichkeit zu schnell zu fahren. Erst als wir die Häuser hinter uns lassen wird das Feld aufgelockert.
In der Galerie treffe ich nochmal Benny und wechsle ein paar Worte mit ihm. Nachdem es hier erneut sehr Steil ist, fahre ich lieber mein Tempo. Von der Temperatur zieht es nochmal an. Es wird kälter trotz der anstrengenden Auffahrt. Das Trikot mache wieder zu. Weiter unten hatte ich es aufgemacht um mehr Luft zu bekommen.
Oben angelangt fülle ich meine Flaschen auf. Ich hatte nur eine voll gemacht um mit weniger Gewicht das Kühtai in angriff zu nehmen. Noch kurz die Weste zu machen, Regenjacke und lange Handschuhe wieder anziehen und auf in die Abfahrt.
Gleitend geht es von Nebel in Niesel zu Regen über. Bei gerade mal 3 Grad ist das alles andere als Wetter zum Rad fahren. Auch für die steile Abfahrt ist eine nasse Straße nicht optimal. Zum Glück bin ich das Kühtai vorab schon mal gefahren. Besonderen Respekt habe ich vor den mindestens 4 Kuhgittern, welche quer über die Straße verlaufen. Leicht abbremsen und gerade drüber fahren. Alles gut gegangen.
Im unteren Bereich kommt ein Teilstück welches ich noch nicht gefahren bin, doch es geht nur Berg ab. In einer Galerie höre ich es hinter mir krachen. Das klang nicht gut. Vermutlich ist dort leider jemand gestürzt. Doch ich konzentriere mich lieber auf die Straße vor mir. Eine Vollbremsung wäre deutlich gefährlicher gewesen. Streckenposten ist gerade auch keiner da. Kurz darauf kommt eines der Rennleiter Autos an mir vorbei. Wenn was passiert ist, dann werden die sicher die Rettung verständigen. Hoffentlich war es nichts ernstes.
Meine Schuhe sind mittlerweile komplett Nass und meine Füße kalt. Nach der Abfahrt beträgt mein Schnitt immer noch 30 KM/H. Von Kematen bis Innsbruck geht es relativ flach und ich versuche in einer Gruppe zu fahren um nicht unnötig Kraft durch Windarbeit zu verbrauchen.
Schon geht es wieder Berg auf zum Brenner. Der Oberkörper ist war, nur die Beine nicht. Teilweise habe ich sogar den Eindruck meine Zehen nicht mehr zu spüren. Wenigstens hat der Regen nachgelassen. In Matrei versucht sogar die Sonne durch zu kommen. Leider schaft sie es nicht ganz. An den flacheren Passagen ist das Tempo über 30 KM/H. Es geht zügig voran. Nur meine Waden und Knie machen mir etwas zu schaffen. Ich überlege sogar die Gruppe ziehen zu lassen. Als Ziel setze ich mir bis Gries mit zu halten. Kurz danach kommt auf der rechten Seite ein Parkplatz um mich zu erleichtern.
Nun folgt das steilste Stück des Brenners. Normal mag ich es überhaupt nicht. Heute fühlt es sich richtig gut an. Hoffentlich bleibt es mir so in Erinnerung.
Die Labe Station am Brenner lasse ich aus. Während der Fahrt mache ich Weste und Regenjacke zu. Die Straße hier ist bereits am Abtrocknen. Bei Sterzing kommt sogar die Sonne etwas länger raus. Doch nachdem der Anstieg zum Jaufenpass auf der Nordseite liegt haben wir recht wenig davon. Bis hier her konnte ich den Schnitt von 3o KM/H halten, trotz 120 Kilometer und 2000 Höhenmetern.
Benny kommt von hinten angefahren. Kurz unterhalten wir uns, doch diesmal muss ich ihn ziehen lassen. Meine Schaltung will nicht so ganz und meine Beine auch nicht. Nachdem die Regenjacke zu warm ist bleibe ich kurz stehen um Jacke und Weste auszuziehen und die Schaltung nach zu justieren. In dem Fall ist das Motto „Mit dem zweiten fahre ich besser“. Es läuft wieder halbwegs Rund. Davor konnte ich nur im kleinsten Gang fahren, ansonsten ist die Kette gesprungen und jetzt tut die Schaltung wieder. Vor allem harmoniert der zweite Gang mehr mit meinen Beinen.
Kurz vor der Passhöhe ist eine weitere Essensstation. Dort halte ich an um erneut meine Flaschen voll zu machen. Das sollte bis Sölden reichen. Benny ist auch noch zur Stärkung da. Hier gibt es sogar Nudelsuppe. Die tut richtig gut. Meine Füße werden zwar davon nicht warm, aber es ist etwas Abwechslung zu den ganzen süßen Gels.
Auf der Nordseite vom Jaufenpass ist die Sicht gut. Kaum bin ich auf der anderen Seite, steht eine Nebel bzw. Wolkenwand vor mir. Wieder gut einpacken und abwärts. Benny zieht in der Abfahrt davon. Nach der Hälfte der Abfahrt kann man wieder mehr als 10 Meter weit sehen.
Auf in den letzten und längsten Anstieg. 30 Kilometer mit 1800 Höhenmetern stehen bevor. Gefühlt sind die Beine schon ganz schön leer. Trotzdem überhole ich noch paar Radfahrer. In der flachen Mittelpassage sind es nochmal mehr. Nur muss ich in Schönau nochmal austretten. Nicht so schlimm, da sich die Zeit bis zum Ziel jetzt hoch rechnen lässt. Es wird keine 8er Zeit mehr werden und zur 10 hab ich noch Luft. Wie ich wieder raus komme, hat es tatsächlich aufgemacht. Davor war noch leichter Niesel. Bei teils blauem Himmel kann man die Kulisse deutlich besser genießen und vergisst zwischenzeitlich, dass die Füße immer noch kalt sind. Man erkennt schön wo es gestern geschneit hat.
Am Passschild vom Timmelsjoch freue ich mich bereits, es geschaft zu haben. Der Schnee, welcher gestern morgen hier war ist bereits abgetaut. Jetzt nur noch sicher abfahren. Ja es kommt noch ein 200 Hm Gegenanstieg, aber der lässt sich auch noch weg drücken.
An der Mautstation wird meine Freude noch größer. Trotzdem sind es bis Sölden noch einige Kilometer. Nachdem diese überwiegend Berg ab sind, vergehen sie sehr schnell. Auf die letzten Kilometer bekomme ich sogar nochmal etwas Power für einen Schlusssprint. Geschaft. Ich habe den Traum gelebt und mit 9:41 Stunden den Ötztaler Radmarathon gefinist. Mein Ziel unter 10 Stunden zu bleiben ist damit erfüllt.
Benny hat im Ziel auf mich gewartet. Gemeinsam haben wir unsere Trikots abgeholt. Nach kurzem duschen sind wir nochmal zur Freizeitarena zur Pasta Party. Dort haben wir nochmal welche von Rennradl München getroffen. Für die Siegerehrung sind wir nicht mehr geblieben. Der Tag war auch so schon lang genug.
Danke an alle Zuschauer am Wegesrand fürs anfeuern. Das hat richtig Motiviert. Für mich ist jetzt erst mal regeneration angesagt. Nachdem aktuell nichts mehr geplant ist für dieses Jahr, kann es sein, dass ihr erst nächstes Jahr hier was neues zu lesen bekommt. Die Radsaison ist aber keineswegs bereits zu Ende. Mir fehlen noch 312 Kilometer um die 10000 voll zu machen 😉
Hier noch die Strecke in deutlich schnellerer Form: https://www.relive.cc/view/1814819778